Käthe Kollwitz

ist zweifellos eine der bedeutendsten Frauen der letzten Jahrhunderte. Ihre Kunst ist völlig eigenwüchsig und trägt alle Merkmale des Genialen. Ihre Sprache verstehen die Menschen aller Zungen, während immerhin so bedeutende Meister wie z.B. Thoma und Menzel nur in Deutschland, oder allenfalls in den deutschsprachigen Räumen, eine dauernde Resonanz finden.
Bis auf ganz wenige zeitgebundene Aufträge ist das Werk der Kollwitz von zeitlosem Rang; es ist „für die Zeiten“, wie Nolde sagen würde. Selbst das Werk der für den Frühexpressionismus so bedeutungsvollen Paula Modersohn-Becker reicht – auch in der internationalen Ausstrahlung – nicht an die Bedeutung der Kollwitz heran.
Die große Spannweite ihres Schaffens umfasst ebenso die großen ernsten Lebensthemen – das Leid schlechthin, Not und Tod, Hunger und Krieg – wie auch die absolut heiteren, lichten Zonen des Lebens. Hierin unterscheidet sie sich z.B. von Barlach.
Diese Polarität innerhalb ihres Schaffens ist viel zu wenig bekannt.
Sie beweist, dass sie nicht aus einem Hang zu den dunklen Sphären des
Lebens die düstere Thematik aufgriff und gestaltete. Auch der langen
Reihe der äußerst eindrucksvollen Selbstbildnisse haftet nichts
Bedrückendes, Selbstquälerisches an; im Gegenteil, sie sprengen fast den
Rahmen vor Lebenskraft, Kühnheit und Selbstbewusstsein. Darüber hinaus
sind sie aber ausnahmslos von großer Schönheit.
(Hans Pels-Leusden; Käthe-Kollwitz-Museum Berlin)
Lebenslauf
1867
Käthe Kollwitz kommt am 8. Juli 1867 als fünftes Kind von Carl Schmidt und Katharina Schmidt, geb. Rupp, in Königsberg (heute Kaliningrad) zur Welt.
Ihr Großvater Julius Rupp gründete in Königsberg die erste “Freie evangelische Gemeinde” Deutschlands, deren erster Prediger er wurde. Nach seinem Tod übernahm der Schwiegersohn Carl Schmidt dieses Amt.
Der Vater hatte Jura studiert, musste jedoch die juristische Laufbahn wegen seiner Zugehörigkeit zur “Freien evangelischen Gemeinde” aufgeben. Er erlernte daraufhin das Maurerhandwerk und wurde ein erfolgreicher Bauunternehmer.
1881-1886
Käthe Kollwitz’ zeichnerische Begabung wird vom Vater entdeckt, dem sie die Ausbildung zur Künstlerin verdankt. Sie erhält ersten Unterricht in Königsberg bei dem Maler Gustav Naujok und dem Kupferstecher Rudolf Mauer.
1886
Auf einer Reise ins Engadin lernt Käthe Kollwitz in Berlin die beiden
Schriftsteller Gerhart Hauptmann und Arno Holz kennen. In München
begeistern sie die Werke von Rubens in der Alten Pinakothek.
Im Anschluss an die Reise besucht sie für ein Jahr bei Karl Stauffer-Bern auf der Berliner Künstlerinnenschule die Malklasse für Portraitstudien. Stauffer-Bern macht sie auf den Radierer Max Klinger aufmerksam.
1887
Käthe Kollwitz kehrt nach Königsberg zurück und erhält Unterricht bei dem Maler Emil Neide.
Sie verlobt sich mit dem Medizinstudenten Karl Kollwitz, einem
Schulfreund ihres Bruders Konrad. Karl Kollwitz ist Mitglied der
Sozialdemokratie und steht der “Freien evangelischen Gemeinde” nahe.
1888-1890
Käthe Kollwitz studiert an der Münchner Künstlerinnenschule bei Ludwig Herterich.
1890
Nach Königsberg zurückgekehrt, setzt Käthe Kollwitz die schon in München begonnene Beschäftigung mit Emile Zolas Bergarbeiterroman “Germinal” fort. Sie macht hierfür Studien in Matrosenkneipen. Von ihrem früheren Lehrer Rudolf Mauer lässt sie sich in die druckgraphischen Techniken einführen.
1891
Heirat mit Dr. med. Karl Kollwitz und Übersiedlung nach Berlin, wo
Karl Kollwitz im Bezirk Prenzlauer Berg (heute: Kollwitzstraße) eine
Kassenarztpraxis eröffnet.
Durch die Lektüre der kunsttheoretischen Schrift “Malerei und
Zeichnung” von Max Klinger erhält Käthe Kollwitz den entscheidenden
Impuls für ihre Hinwendung zur Graphik und die Anregung, in der Gattung
die schwierigen Seiten des menschlichen Lebens darzustellen.
Sie plant einen druckgraphischen Zyklus zu Zolas Roman “Germinal”, den sie 1893 abbricht.
1892
Geburt des Sohnes Hans.
1893
Unter dem Eindruck der Uraufführung des Dramas “Die Weber” von Gerhart Hauptmann, dem die Hungerrevolte der schlesischen Weber von 1844 zugrunde liegt, beginnt Käthe Kollwitz ihren ersten druckgraphischen Zyklus “Ein Weberaufstand”. Im Jahr 1897 schließt sie die Arbeiten an dem Zyklus erfolgreich ab.